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Ultima IX - Review

Einführung

Mit Ultima IX - Ascension erschien im November 1999, nach über fünfjähriger Entwicklungszeit, das letzte und abschließende Spiel dieser beeindruckenden Rollenspielserie. Dementsprechend hoch war die Erwartungshaltung der Fans. Schließlich sollten in diesem Spiel die noch vorhandenen Fragen zur Serie geklärt und alle noch offenen Handlungsfäden zu einem Ende gesponnen werden. Die Erstellung von Ultima IX verlief turbulent. 1996 war die Entwicklung für zwei Jahre unterbrochen worden, um Ressourcen zur Fertigstellung von Ultima Online freizustellen. Nach Wiederaufnahme der Arbeit an Ultima IX wurde entschieden, die bisher verwendete Engine, die das Spiel aus gewohnt isometrischer Sicht darstellte, durch eine neue 3D-Engine zu ersetzen. Infolge dessen musste auf die ursprünglich geplante Party verzichtet werden, da eine Gruppe von Abenteurern in der neuen Perspektive schlecht darstellbar war. Dadurch ergab sich auch ein Redesign der Story, da die originäre Geschichte durch den Wegfall der begleitenden Gefährten so nicht mehr erzählt werden konnte.

Die Geschichte

Der Wagen der Zigeunerin im Stadtpark auf der Erde
Der Wagen der Zigeunerin auf der Erde

„Wachet auf Avatar - Britannia ist in großer Gefahr!” - die Stimme des Magiers Hawkwind weckt unseren Protagonisten früh am Morgen aus seinem Schlummer. Wie in vielen vorangegangenen Ultima Spielen beginnt auch der neunte Teil der Serie auf der Erde, genauer gesagt im Schlafzimmer des Avatars. Hawkwind ist ein alter Bekannter des Avatars aus den Tagen von Ultima IV und bereits seit geraumer Zeit verstorben. So ist es denn auch der Geist von Hawkwind, der mit besorgter Stimme über die neueste Entwicklung in Britannia berichtet. Der Guardian, ein Erzfeind Britannias, ist in diese mittelalterliche Parallelwelt, die schon lange zur zweiten Heimat des Avatars geworden ist, eingefallen und droht das Königreich zu unterjochen. Lord British, der gütige Souverän Britannias, hat Hawkwinds Geist ausgeschickt, um die Hilfe des Avatars in dieser Angelegenheit zu erbitten. Natürlich ist der Avatar sofort bereit, Lord British im Kampf gegen den Guardian zu unterstützen.

Die Zigeunerin befragt den Avatar nach seiner momentanen Lieblingstugend (noch auf der Erde)
Was ist die Lieblingstugend?

Die Anfangsszene führt geschickt in die Bedienung des Spiels ein. Hawkwind lehrt den Spieler, Dinge aufzuheben, zu benutzen und für den späteren Gebrauch zu verstauen. Nachdem sich der Avatar mit dem Nötigsten ausgerüstet hat, verlässt er sein Haus, um den anliegenden Stadtpark zu erkunden. Hier setzt Hawkwind seine Unterweisung fort, die verschiedenen Arten sich zu bewegen, Hindernisse zu überwinden, zu schwimmen und zu tauchen werden ebenso vermittelt, wie der Gebrauch von Waffen.

Stonegate - Blackthorns von Bergen umgebene Feste
Stonegate - Blackthorns Feste

In einem Winkel des Stadtparks trifft der Avatar auf eine Zigeunerin welche unter Zuhilfenahme der Tarotkarten erfragt, welcher der acht Tugenden der Avatar zur Zeit am nächsten steht. In Abhängigkeit dieser momentanen Lieblingstugend erhält der Spieler eine Klasse, wie z.B. Druide, Barde oder Kämpfer zugewiesen und es werden dementsprechend Punkte auf seine Stärke, Geschicklichkeit und sein Zaubervermögen verteilt. Nach der Befragung beschwört die Zigeunerin ein Mondtor, durch welches der Avatar nach Britannia gelangt.

Unser Held materialisiert in Stonegate, der alten Feste von Lord Blackthorn, der in Ultima V - Warriors of Destiny als Despot über das Land herrschte, nachdem Lord British nach einer Expedition in den Stygian Abyss als verschollen galt. Hawkwind hilft dem Avatar noch, das mit einer magischen Barriere versiegelte Gemäuer zu verlassen und verabschiedet sich dann. Der Paladin der acht Tugenden ist jetzt auf sich allein gestellt und muss fortan ohne die Hilfe des alten Magiers auskommen.

Lord British - der Monarch berichtet über die gar erschröcklichen Entwicklungen in Britannia
Lord British berichtet über die gar
erschröcklichen Entwicklungen in Britannia

Wenig später trifft der Avatar in der Hauptstadt Britain ein und lässt sich von Lord British über die aktuellen Vorkommnisse unterrichten. Der Herrscher berichtet, dass der Guardian über ganz Britannia acht gigantische Säulen verteilt hat, die das Land auseinander zu reißen drohen. Darüber hinaus korrumpieren die Säulen, welche sich jeweils in der Nähe eines Schreins befinden, dessen Tugend und verdrehen sie in das Gegenteil. So sind z.B. unter dem Einfluss der Säule nahe des Dungeons Despise die Bürger von Britain, welche nicht nur die Hauptstadt von Britannia ist sondern auch die Tugend des Mitleids repräsentiert, hartherzig geworden. Sie verbannen ihre Armen und Kranken nach Paws, einer armseligen kleinen Ortschaft inmitten eines fieberbringenden Sumpfes unweit der Hauptstadt.

Die Säule beim Dungeon Despise. Der Eingang zum Dungeon ist auf dem Bild rechts zu erkennen
Die Säule beim Dungeon Despise

Der Avatar willigt ein, sich der Sache anzunehmen und macht sich auf den Weg zum Dungeon Despise. Nach einigen Abenteuern erreicht der Avatar im Zentrum des Dungeons einen Zugang in das Innere der dortigen Säule, wo er eine Glyphe, die pervertierte Rune des Mitleids findet. Als der Avatar mit der Glyphe im Gepäck wieder das Tageslicht erreicht, trifft er auf einen alten Widersacher. Lord Blackthorn ist aus seiner Verbannung zurückgekehrt und hat sich offensichtlich mit dem Guardian verbündet. Der sinistre Despot möchte den Avatar natürlich sofort ausschalten, doch ein hübsches Piratenmädchen namens Raven rettet unseren Protagonisten aus dieser prekären Situation.

Der Schrein des Mitleids wird wiederhergestellt
Der Schrein des Mitleids
wird wiederhergestellt

Der Avatar setzt seine Ermittlungen fort und kann den zerstörten Schrein des Mitleids konsultieren, nachdem er das dazugehörige Mantra in Erfahrung gebracht hat. Vom Schrein erfährt er, dass er neben der Glyphe auch das Symbol der Tugend in seinen Besitz bringen muss. Sobald er beide Artefakte des Mitleids an sich gebracht hätte, könne daraus wieder die dazugehörige Rune erstellt und der Schrein geläutert werden.

Soweit eine kurze Einführung in Ultima IX - Ascension. Im weiteren Verlauf des Spiels muss der Avatar alle acht Schreine wiederherstellen um sich dann im Finale dem Guardian zu stellen. Hierbei wird er tatkräftig von Raven unterstützt, die ihn mit ihrem Piratenschiff in die entlegensten Winkel Britannias bringt. Zwischen den beiden entwickelt sich nach der Aufklärung einiger Missverständnisse sogar ein Liebesverhältnis.

Unterwegs mit der magischen Gondel über den Dächern von Moonglow
Unterwegs mit der magischen Gondel
über den Dächern von Moonglow

Sobald ein Schrein gereinigt wurde, erhält der Avatar von diesem eine Belohnung, indem nach seiner Wahl eines seiner Attribute (Stärke, Geschicklichkeit oder Intelligenz) heraufgesetzt wird. Hierbei beeinflusst die Stärke die Anzahl der Trefferpunkte und die Intelligenz die Anzahl der Manapunkte, welche zum Zaubern benötigt werden. Das Zaubersystem wurde übrigens im Vergleich zu den vorherigen Ultima-Spielen stark vereinfacht. Unser Held benötigt neben seinem Zauberbuch nur noch Zauberspruchrollen, welche er unter Verwendung zauberspruchspezifischer Reagenzien in das Zauberbuch einbindet. Der eingebundene Zauberspruch steht dann immer zur Verfügung, das Vorhandensein bestimmter Reagenzien zur Ausübung des Zauberspruchs ist nicht mehr erforderlich. Die Geschicklichkeit bestimmt, ob einer der Trainer Britannias in der Lage ist, die Fertigkeiten unseres Helden im Umgang mit einer bestimmten Kampftechnik oder Waffenart (es werden Faustkampf, Ein- und Zweihändige- sowie Fernwaffen und Stäbe unterschieden) zu verbessern.

Raven nimmt Abschied vom Avatar (*seufz*). Die Insel Terfin ist im Hintergrund zu erkennen
Raven nimmt Abschied vom Avatar
(*seufz*)

Neben der Restauration der Schreine sind auch zahlreiche Nebenquests zu lösen. Dabei trifft der Avatar auf viele alte Mitstreiter aus den vorherigen Teilen der Serie, wie z.B. auf den Barden und Armbrustschützen Iolo, den Waldläufer Shamino oder die Druidin Jaana. Sogar der Paladin Dupre, der sich im zweiten Teil von Ultima VII geopfert hat, ist wieder mit dabei, wenn auch zunächst nur als Geist. Auch der Kontakt zu Shamino gestaltet sich anfänglich etwas ungewöhnlich. Der Waldläufer hat sich auf eine spirituelle Reise begeben, um das Rätsel der Säulen zu lösen und dabei die uns geläufige Existenzebene verlassen. Gefangen in einer anderen Dimension kann er nur über Statuen der Spiritualität, welche im ganzen Land verstreut sind, zum Avatar sprechen.

Nachdem der Avatar gegen Ende des Spiels seinen Freund Shamino aus seiner misslichen Lage befreit hat, erfährt er von diesem die schreckliche Wahrheit über den Guardian. Er erkennt, dass es nur eine Möglichkeit gibt, sein geliebtes Britannia endgültig von seinem gefährlichsten Widersacher zu befreien. Auf der Insel Terfin nimmt der Avatar zum letzten mal seine Freundin Raven in den Arm und es kommt zum Showdown zwischen Gut und Böse.

Fazit

Sonnenaufgang in Buccaneer's Den, der Pirateninsel mit Tradition
Sonnenaufgang in Buccaneer's Den,
der Pirateninsel mit Tradition

Der erste, visuelle Eindruck von Ultima IX - Ascension ist beeindruckend. In keinem vorangegangenen Ultima wurde die Welt so detailliert und naturgetreu wiedergegeben. So kann der Spieler z.B. den Lauf der Sonne zwischen ihrem farbenprächtigen Auf- und Untergang am Firmament beobachten. Die vorbeiziehenden Wolken wechseln ihre Gestalt und Farbe, mitunter verdunkelt sich der Himmel und es kommt zu heftigen Regenschauern. Nachts leuchten die Sterne und die beiden Monde Britannias verbreiten bei gutem Wetter genug Licht, um dem Avatar das Reisen auch zu später Stunde zu ermöglichen. Die Tierwelt ist in ihrer Artenvielfalt eingeschränkt, wird aber sehr viel realistischer als in früheren Spielen dieser Serie dargestellt. Auch die Monster entsprechen in ihrem Aussehen eindrucksvoll den Abbildungen älterer Anleitungshefte.

Der Eingang in die Geistermine Covetous
Der Eingang in die Geistermine Covetous

Die diversen Ortschaften und Schauplätze von Ultima IX sind abwechslungsreich gestaltet. Es gibt Wälder und Seen, karge Felsformationen, Pfade die in schneebedeckte Gebirgslandschaften hineinführen und todbringende Sümpfe. In Ambrosia, der unter Wasser liegenden Stadt der Gargoyles, sorgt das ständige Knacken der vor den Wasserfluten schützenden Kuppel für eine stimmungsvoll bedrohliche Atmosphäre. Im Dungeon Covetous, der alten Eisenmine in der Nähe Minocs, erzeugen Skelette und andere Untote das Gefühl, in einem Horrorstreifen mitzuspielen. Der Stygische Abgrund auf der Insel des Avatars schließlich bietet Zutritt zu surrealen Traumlandschaften.

Eine Szene aus dem Dungeon Covetous in der Nähe der Ortschaft Minoc
Eine Szene aus dem Dungeon Covetous
in der Nähe der Ortschaft Minoc

Bezahlt wird der neue Detailreichtum durch hohe Anforderungen an die Hardware. Hierbei ist ein guter Ausbau des Hauptspeichers (256 MB sollten es schon sein) entscheidender als die Schnelligkeit der CPU. Das Spiel setzt eine schnelle 3D-Grafikkarte voraus, wobei über die Glide-Schnittstelle eine höhere Performance als über Direct3D erzielt wird. Hier merkt man dem Spiel die lange Entwicklungszeit an, DirectX war Mitte der neunziger Jahre noch kein Thema.

Leider haben die Entwickler in Ultima IX auf die Implementierung des sog. Scheduling verzichtet. Dieses Feature sorgt seit Ultima V dafür, dass die NPCs einem personenbezogenen Tagesplan nachgehen. Der Spieler kann die Bewohner einer Stadt dabei beobachten, wie sie morgens aus ihren Betten aufstehen, ihre Unterkünfte verlassen und ihren unterschiedlichen Tagewerken nachgehen, um dann am späten Abend in der örtlichen Kneipe etwas Entspannung  zu finden. In Ultima IX sind die Leute, bis auf wenige Ausnahmen, immer am gleichen Ort anzutreffen. Dies geht einerseits zu Lasten der Atmosphäre, andererseits kann sich der Avatar jederzeit mit allem Nötigen versorgen, da die Läden rund um die Uhr geöffnet sind.

Das gefährliche Ultima Monster Gazer (Gaffer) gibt es auch in der AD&D-Welt und wird dort Beholder (Betrachter) genannt
Das gefährliche Monster Gazer (Gaffer)
gibt es auch in der AD&D-Welt und
wird dort Beholder (Betrachter) genannt

Das Kämpfen, welches seit Ultima IV weitaus weniger im Vordergrund steht, als bei den meisten anderen Rollenspielen, ist noch einfacher geworden. Die Monster verfügen über eine lausige AI (Artificial Intelligence, künstliche Intelligenz) und sind relativ leicht zu besiegen. Leider trüben auch schwerwiegendere Dinge den ungetrübten Spielgenuss. So durchbricht z.B. der Avatar mitunter den Boden und findet sich in einer Art Zwischenwelt wieder, welche dem Spieler zwar einen interessanten Einblick in den internen Aufbau des Spiels vermittelt, das weitere zielorientierte Verfolgen dieses Spielstandes aber unmöglich macht. überhaupt war das Spiel, als es in der englischsprachigen Originalversion im November 1999 auf den Markt kam, ziemlich fehlerbehaftet. Daraufhin wurde die deutschsprachige Version erst vier Monate später veröffentlicht, nachdem die Entwickler das Spiel überarbeitet und die gröbsten Fehler behoben hatten. Für die Besitzer der amerikanischen Ausgabe wurden in der Zeit zwischen November 1999 und Februar 2000 insgesamt drei Patche herausgegeben.

Der Guardian - Endgegner des Avatars (im wahrsten Sinne des Wortes) in seiner Festung auf Terfin
Der Guardian - Endgegner des Avatars
(im wahrsten Sinne des Wortes)
in seiner Festung auf Terfin

Eine abschließende Bewertung von Ultima IX -Ascension gestaltet sich schwierig. Es kommt ganz darauf an, aus welcher Richtung und mit welchen Erwartungen man auf dieses Spiel blickt. Das Spiel erreicht mit der erzählten Geschichte weder die Komplexität seiner Vorgänger noch kann es dem Anspruch genügen, alle offenen Handlungsfäden zu einem Ende zu spinnen. Der Plot ist schlüssig aber unbefriedigend, viele Fragen bleiben unbeantwortet. Ultima Fans, die einen krönenden Abschluss der Serie erwartet haben, werden daher manche Enttäuschung einzustecken haben. Andererseits lässt die verwendete 3D-Engine den Spieler in einem Maße in Britannia eintauchen, wie noch niemals zuvor, so dass Freunde der Ultima Underworld Serie mit Sicherheit auf ihre Kosten kommen werden. Außerdem gibt es hin und wieder für den Kenner der Serie überraschende Reminiszenzen und Querverbindungen zu den vorherigen Ultima Spielen, wie z.B. die Statue der drei Shadowlords vor Stonegate oder die Existenz der Ortschaft Dawn aus Ultima III - Exodus. Mir persönlich hat das Spiel, mit einigen Abstrichen, gut gefallen und viel Freude bereitet.

Mittlerweile habe Fans eine Reihe von eigenen Patchen veröffentlicht, die unter anderem der Geschichte durch Abänderung der (englischsprachigen) Dialoge mehr Tiefgang geben (das Feature, die gesprochenen Texte über Lautsprecher wiederzugeben muss in diesem Fall abgeschaltet werden) und die AI der NPCs verbessern. Die Patche sind auf der Website 'Forgotten World' in der Download Section erreichbar.

Nachwort

Ich habe diesen Bericht 2001 geschrieben. Natürlich dürften mittlerweile die technischen Anforderungen keine Herausforderung mehr sein. Und was damals graphisch verblüffte wird heutzutage von modernen Spielen weit übertroffen. Die Beschäftigung mit der Ultima Rollenspielserie setzt halt immer den Willen ein virtuelles Computermuseum zu betreten und die Freude an einer historischen Betrachtungsweise voraus ;-)

Daten zum Spiel und Systemanforderungen

Daten zu Ultima IX - Ascension
Herausgeber Electronic Arts™ / ORIGIN™
Releasedatum November 1999 (englischsprachig) - März 2000 (deutschsprachig)
Betriebssystem Windows® 95, 98, Me, 2000, XP
Hardware (min) 266 MHz CPU (oder Intel® 200 MHz Pentium Pro), 128 MB RAM, 600 MB Festplattenplatz, 3D-Karte mit 8 MB, 8fach CD-ROM
Hardware (ideal) 400 MHz CPU, 512 MB RAM, 1,6 GB Festplattenplatz, 3D-Karte mit 16 MB und Glide-Unterstützung, 8fach CD-ROM, Soundkarte mit Dolby Surround® und Environmental Audio™